Mit der MS Bremen auf Nordwestpassage

ein Reisebericht von Britta Schmidt

Die Sonne ruht in der lautlosen Landschaft. Die Unendlichkeit des Meeres setzt sich im eisblauen Himmel fort. Eine kaum vorstellbare Friedlichkeit legt sich über das Schiffsdeck der Bremen, wenn sich der Dunst des Nordmeeres verzogen hat und den Blick auf die Diskobucht vor der Westküste Grönlands freigibt: Beim Anblick gigantischer, noch aktiver Gletscher stockt und der Atem. Bereits der Auftakt unserer Expedition Nordwestpassage verschlägt uns die Sprache.

Die Suche nach einer Fahrt vom Atlantik zum Pazifik durch das Nordmeer beschäftigte viele Hundert Jahre alle großen Seefahrernationen. Sie könnte den Seeweg von Europa nach Ostasien gegenüber der klassischen Route durch den Suezkanal um mehrere Tausend Kilometer abkürzen. Viele Schiffe wurden dabei auf ewig im Eis eingeschlossen. Noch heute gehört die Nordwestpassage, der legendäre Seeweg durch eine unwegsame Gegend, zu den beeindruckenden Reiserlebnissen überhaupt. Das hat viele Gründe. Marc Behrend, Kapitän der BREMEN, erklärt dieses Phänomen so: "Auf den Spuren der großen Seefahrer spüren wir eine mysteriöse Faszination. Wir meinen förmlich nach zu erleben, was die Entdecker damals durch gemacht haben müssen." Das Gefühl persönlich berührt zu sein, liegt sicher auch daran, dass die Bremen ein kleines, persönliches Schiff ist.

Zu den absoluten Highlights bevor die eigentliche Nordwestpassage beginnt, gehört Baffin Island. Die fünftgrößte Insel der Welt liegt in der Bay zwischen Grönland und dem Kanadisch-Arktischem Archipel. Bevor das Schiff in Pond Inlet auf Baffin Island anlegt, sieht man mit etwas Glück, wie in der Baffin Bay Narwale und Belugas majestätisch auftauchen, langsam ihren Rücken zeigen und sich nach einer Weile mit einem Flossenschlag verabschieden. In Pond Inlet lichten sich zarte Wolkenschleier über malerischen Inuit-Siedlungen, deren bunte Häuser wie zufällig angeordnet auf schroffem Basaltgestein stehen.

Besonders an Land der kanadischen Arktis scheinen Eisbären ihren idealen Lebensraum gefunden zu haben. Immer wieder beobachtete man Eisbärenmütter, die mit ihren Jungen zwischen Hütten lagern und imposante männliche Tiere, die auf Eisschollen an den Inselufern vorbei ziehen und Ausschau nach ihrer bevorzugten Beute halten: den Robben.

Bei Beechey Island beginnt nun tatsächlich die lang ersehnte Nordwestpassage. Nach der Anlandung an den Strand der Insel, die nur 900 Seemeilen vom geografischen Nordpol entfernt ist, kommt es zunächst erneut zum Zusammentreffen mit der spektakulären Vergangenheit: Von einer unwirklichen Landschaft umgeben erinnern einsame Gräber an die gescheiterte Expedition von John Franklin um 1845.

Wenn das Wetter mitspielt, folgt nun die knirschende Eisfahrt durch den Peel Sound, das erste Nadelöhr der legendären Strecke. Dank ihrer hohen Eisklasse durchquert die Bremen weitgehend eigenständig das Eis. Es geht durch extrem schmale, oft vereiste, Meerengen hindurch.

Doch zu den aufregendsten Erlebnissen dieser Passage gehören die Fahrten mit den Zodiacs den kleinen, motorisierten Schlauchbooten. Immer wieder sieht man, wie sich Kolonien von Eisgänsen im Sonnenschein räkeln und Moschusochsen ihre typische Verteidigungsstellung einnehmen. Und wieder und wieder trifft man auf die Könige der Arktis: Die Eisbären!